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Interview mit Marc Brodesser

Fahrtechnikschulen gibt es zwischenzeitlich reichlich. Die Nachfrage ist groß und entsprechend richtet sich das Angebot auch aus.
Heute haben wir ein interessantes Interview mit dem Inhaber einer Fahrtechnikschule und seit letzten Montag (10.05.2011) auch einem Buchautoren.
Marc Brodesser von der Fahrtechnikschule „Ridefirst“ wird uns hier ein paar interessante Einblicke in seine Welt des Bikens geben.

Stell dich bitte doch mal selber vor. Wer bist du und was machst du?

My name is Breadeater – Marc Breadeater! Naja, nicht ganz, hehe.
Seit einem Viertel-Jahrhundert verweile ich nun auf diesem Planeten und seit mehr als einem Jahrzehnt bevorzuge ich das Mountainbike als Fortbewegungsmittel und Spaßgerät.
Fahrtechnik-Coach bin ich offiziell seit 2008, als Schreiberling und Reporter im Bike-Bereich bin ich schon seit dem Jahr 2005 unterwegs.

Erzähl uns doch mal was über deinen Werdegang – wie hat das mit dem Biken bei dir angefangen?

Da ich viele Jahre im Fussball- und Tennisverein gespielt habe, kam ich recht spät zum Biken, zu dem Zeitpunkt war ich zirka 15 Jahre alt.
Da mein Vater damals durch seine Knie-Reha viel mit einem starren Mountainbike unterwegs war und ich auch schon länger ein eigenes Focus-Hardtail hatte, bin ich dann in die ganze Sache reingerutscht. Ich hatte einfach Spaß im Wald und fing an Singletrails und Steilstufen zu fahren, zusätzlich bin ich auch mal einen Marathon mitgefahren, aber nur die halbe Distanz.
Achja, und die Bike-Magazine haben mich beeinflusst, soviel ist sicher.
2001 war ich dann beim BIKE-Festival am Gardasee, wo ich den Marathon gefahren bin, ebenfalls nur in der kleinen Runde.
Dort habe ich auch das erste mal ein Fully getestet. Es handelte sich um ein Kona Stinky Deluxe mit 130 mm Federweg, das ich dann auf den Brione-Trails ausprobiert habe. Die Jungs vom Kona-Stand haben mir dann natürlich noch die VHS-Kassette “New World Disorder” angedreht, die in Kombination mit der Kranked-4-Leinwandschau beim Lakejump mein Interesse am Freeriden geweckt hat.
Im August des gleichen Jahres bin ich direkt ins BIKE Jugendcamp im Bikepark Geisskopf gefahren, danach ging es für mich immer mehr in Richtung Freeriden, Dirtjumpen und so weiter.
Mittlerweile bin ich aber wieder ein Genuss-Tourenfahrer, doch die Skills aus meinen wilden Freeride-Jahren helfen mir immer noch auf vielen Singletrails.

Du hast zuletzt zusammen mit dem Downhill-Dauersieger Marcus Klausmann ein Buch über Mountainbike-Fahrtechnik geschrieben.
Wie kam es dazu, was war der Anlass?

Naja, wenn man schon als Experte in diesem Bereich auftreten möchte, ist es sicherlich hilfreich sein Know-How in einem Ratgeber-Buch zu präsentieren.
Um möglichst viele Leute zu erreichen, braucht es natürlich ein prominentes Zugpferd, also habe ich den 14-maligen Deutschen Downhill-Meister Marcus Klausmann vor den Karren gespannt.

Wie war die Zusammenarbeit mit Marcus Klausmann?

Einfach super. Ich kenne ihn persönlich seit 2008, als ich ihn in Willingen interviewte. Er ist einfach eine lockere Person, die total auf dem Boden geblieben ist, trotz der viele Präsenz in den Bike-Medien und im Fernsehen.
Und er ist natürlich ein absoluter Profi, auch was die Zusammenarbeit mit Medienvertretern angeht – das hat die Sache natürlich sehr erleichtert.

Wie muss man sich das vorstellen.
Ich setze mich jetzt hin und beschließe ein Buch zu schreiben oder ist das nicht ganz so einfach?

Da muss man sich schon ein paar mehr Gedanken machen.
Wichtig ist eine Marktanalyse, um zu sehen, welche Konkurrenz es schon gibt, wie man sich von dieser abheben möchte oder ob man eine bestimmte Nische bedienen will.
Man muss dann natürlich schauen, welcher Verlag für das Buch in Frage kommt und welche Bücher dieser schon in dem Themenbereich im Programm hat.
Verlag kontaktieren, ein Exposé einreichen und hoffen, dass man die Leute dort überzeugt hat.
In meinem Fall hat das super geklappt und ich hoffe, dass der Unterschied zum momentanen Branchenprimus „BIKE Fahrtechnik“ aus dem Hause Delius Klasing die Leute überzeugt.

An wen richtet sich das Buch?

An Tourenfahrer von Cross-Country bis Enduro, aber auch Racer werden mit dem Buch etwas anfangen können. Sehr erfahrene Downhiller und auch die Street-/oder Dirt-Trickser werden mit dem Buch weniger angesprochen.
Eigentlich ist das Buch für das Gros der Hobby-Biker ideal und eine sehr gute Alternative zu den bisherigen Bücher in diesem Bereich.
Ich habe Wert darauf gelegt, dass der Textinhalt keine romanartigen Ausmaße annimmt und dass zu jeder Beschreibung einer Bewegung auch Bilder zu sehen sind.
Späteinsteiger im Bike-Sport werden mit dem Buch auch angesprochen, da es umfassende Informationen auch neben der Fahrtechnik bietet.

Ist es auch für Anfänger geeignet?

Sicherlich, gerade für Anfänger ist das Buch eine super Sache.
Neben der Teilnahme an einem Fahrtechnikkurs ist es wichtig, dass man als Anfänger ein Nachschlagewerk für die wichtigen Bewegungsabläufe hat, sodass man diese visuell vor dem Üben nochmal im Kopf durchgehen kann.
Zudem sind im Buch noch Tipps in Sachen Materialwahl, Bike-Einstellung und Kaufberatung enthalten, die gerade für Anfänger sehr hilfreich sein werden.

Ist das dein erstes Buch? Hast du vor noch weitere zu schreiben?

Ja, es ist mein erstes Buch und wenn die Sache gut läuft, kann ich mir durchaus vorstellen danach nochmal eins zu schreiben.
Und falls ich ein hohes Alter erreichen sollte, werde ich als alter Knacker bestimmt noch ein paar Bücher schreiben, das ist sicherlich eine super Beschäftigung als alter Knacker.

Du betreibst ja auch noch die Seite www.fahrtechnik.tv , auf der Anleitungen mit Sequenzbildern und Videos aus dem Bereich Fahrtechnik zu finden sind.
Was war der Stein des Anstoßes für dieses Projekt?

Eigentlich ging es mir darum, dass ich den Teilnehmern aus meinen Kursen etwas bieten kann, dass sie nach dem Kurs sich nochmal alles anschauen können und dann weiter üben.
Denn bei Fahrtechnikkursen ist es entscheidend, was man nach dem Kurs macht – einfach weiterfahren wie bisher oder aktiv an der Fahrtechnik feilen, sodass man Schritt für Schritt ein besserer Biker wird und mehr Spaß hat.
Und natürlich wollte ich meine Kunden nicht immer zu Webseiten von anderen Mitbewerben schicken, also musste eine eigene Webseite dazu her.

Gibt es Feedback wie die Videos und Anleitungen ankommen?

Die Rückmeldungen sind größtenteils positiv, nur die Downhill- und Trickser-Fraktionen wollen natürlich mehr Inhalte für ihren Einsatzbereich.
Das kann ja noch kommen, die Webseite wird eh komplett erneuert.

Reicht es wenn ich die Videos anschaue, oder sollte man trotzdem eine Fahrtechnikschule aufsuchen?

Einen Kurs oder ein Camp sollte man auf jeden Fall besuchen, damit ein Coach genau analysieren kann, wo sich bei einem gewisse Fehler eingeschlichen haben. Und live vor Ort kann ein Coach besser vermitteln, worum es bei den verschiedenen Fahrtechniken ankommt und wie man sie umsetzt.
Zudem kann man immer fragen, wenn man Fragen hat und bekommt auch sonst gute Tipps nebenbei, wenn der Coach erfahren und fachkundig ist.
Ein weiterer Pluspunkt von Fahrtechnikkursen oder Camps sind die gemeinsamen Erfolgserlebnisse mit anderen Bikern und Bikerinnen in der Gruppe, was einfach viel Spaß macht.

Du betreibst in Bonn die Fahrtechnikschule Ridefirst.
Wie bist du auf die Idee gekommen eine Fahrtechnikschule zu starten?

Ein witziges Detail dazu: Schon während meiner Schulzeit habe ich eine Bikeschule gegründet – aber nur fiktiv für ein Unternehmungsgründungs-Projekt.
Als Duo habe ich schon damals mit Jan Ullrich das Konzept für eine Bikeschule erstellt – natürlich nicht der Jan Ullrich, den man von der Tour de France kennt.
Nach meinem Praktikum beim MountainBIKE Magazin habe ich 2008 dann Ridefirst in Bonn gegründet, um meine Erfahrungen, die ich als erfahrener Biker und Hobby-Coach für die Marathon-Kollegen von meinem Vater gesammelt habe, weiterzugeben und einen genialen Wochenende-Job zu haben.
Das hat soweit alles geklappt und nach drei Jahren habe ich immer noch genauso viel Spaß wie am Anfang, die Sache wird nie öde.

Was unterscheidet Ridefirst zu anderen Fahrtechnikschulen?

Unter anderem der sehr günstige Preis für eine Kursteilnahme – bei anderen Anbietern zahlt man teilweise locker das Doppelte.
Das Konzept für die Kurse habe ich selber erstellt und dabei neben praktischen Erfahrungen auf eine breite Basis von der entsprechenden Literatur zu dem Thema zurückgegriffen.
Hm, weitere Unterschiede sind vielleicht, dass die ehemalige Bundeshauptstadt Bonn der Ort der Kurse ist und dass ich als Coach mit meinem Fahrtechnikbuch nun offiziell auch Fachautor bin, haha.

Was sollte man alles mitbringen um gute Fahrtechnik vermitteln zu können?

Spaß am Umgang mit Menschen, Fahrkönnen, viel Know-How rund um das Thema Mountainbiken und ein gutes Gefühl für Didaktik, also wie man den Teilnehmern wirklich gut und hilfreich alles erklären kann.

Heißt Fahrtechnik bei dir auch gleich Fahrradtechnik? Also schraubst du selber auch am Bike rum?

Ein paar Basics sollte man schon beherrschen, doch wenn es wirklich kniffelig wird, macht das mein Vater.
Ein Laufradeinspeichen beispielsweise ist für mich weit entfernt, da habe ich keine Begabung und keine Geduld für.
Interessanterweise gibt es Leute, denen das Basteln ganz schön Spaß macht, was im Falle meines Vater sehr praktisch für mich ist.

Wo fährst du in deiner Freizeit am liebsten?

Meistens hier in und um Bonn, also im Kottenforst oder auch mal im Siebengebirge.
Ansonsten noch im Bergischen Land, wo mein Elternhaus steht und auch mal im Sauerland und in der Eifel. Dieses Jahr will ich aber noch mehr von meiner Umgebung kennenlernen, hier wimmelt es von tollen Revieren!

Welche Disziplin ist für dich die technische Anspruchvollste?

Schwierig zu sagen, denn in mehreren Disziplinen gibt es ein Level, auf dem die Top-Leute enorm anspruchsvoll unterwegs sind.
Ob jetzt Danny MacAskill im Street-Trial die technischsten Lines fährt oder ob Amir Kabbani einen 360-Double-Tailwhip raushaut, das hat alles ein enorm hohes Niveau.
Und natürlich auch die Vertrider mit ihren krassen alpinen Wandersteigen, die ich noch nicht mal zu Fuß bewältigen würde.
Auch heftig: Die XC-Racer fahren mit ihren Leichtbau-Bikes und Sattel oben ziemlich technische Strecken und das immer voll auf Anschlag – da habe ich einen großen Respekt vor, ebenso wie vor den Leistungen der Downhiller, die sind auch nicht mehr ganz normal im Kopf, hehe.

Du hast auch zwei Artikel für das Mc-Fit-Magazin „Einfach gut aussehen“ geschrieben.
Wie kam es dazu, und was war der Inhalt der Artikel?

Ich habe 2009 und 2010 jeweils einen Fahrtechnik-Artikel im McFit-Magazin veröffentlicht, was angesichts der enorm hohen Auflage des mittlerweile eingestellten Hefte ein guter Erfolg war.
Später habe ich die Artikel in den News vom IBC-Forum gestellt, wo das Feedback auch sehr gut war.
Die Links dazu findet man auf Fahrtechnik.tv unter „Media“.

Okay, zum Abschluss hast du das letzte Wort.

Habt Spaß auf euren Trails und natürlich auch an diversen Fahrtechnik-Übungen. Auch Fahrtechnik-Trainer lernen immer dazu und so wird das Ganze nie langweilig!

Mehr zu Marc’s Fahrtechniktipps gibt’s hier.
Und hier gehts zu Fahrtechnik.tv

Vielen Dank Marc an dieser Stelle für die Beantwortung der Fragen.
Ich persönlich freue mich schon sehr auf ein Exemplar deines neuen Buches und den darin enthaltenen Tipps.
Falls jemand Fragen an Marc hat, dann einfach hier einen Kommentar hinterlassen.

Über den Autor

Lefdi

Hobbybiker und derzeit unterwegs mit einem All-Mountain "No Pogo 3" von Centurion.
Gerne auch mal zu Fuß in den Bergen unterwegs um die Natur zu genießen. PayPal-Kaffeespende an den Autor

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