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Das Gelbe vom Ei? – Bergamont, 2014 und Reifengröße 650B

Die Eurobike nähert sich mit riesen Schritten und die ersten Hersteller lüften auf vorhergehenden Bikemessen wie der ISPO schon ein bisschen die Tücher für die Bikes 2014.
Für Racerinnen und Racer wird es vor allem interessant zu sehen sein, wie sich das Reifengrößengerangel entwickelt. Sicher ist: nachdem man spätstens in diesem Jahr schon auf einem „normalen“ Mountainbike in 26Zoll gegen die 29er schon in der Startaufstellung verloren hat(te), werden viele über Neuanschaffungen nachdenken oder gar mit andern Reifenformaten liebäugeln. Da lässt nun diese Mitteilung aufhorchen: der Hamburger Hersteller Bergamont stellt bereits jetzt seine 2014er Flotte vor und setzt dabei nicht nur auf vier verschiedene Modelle, sondern rüstet diese um auf 650B. Willkommen also beim Reifen- und Rahmenpocker 2014?!

head_29erPersönlich war ich der Meinung, mein 26″ sei vollkommen ausreichend und wettkampftauglich. Wer in dieser Saison aber das Kleingeld gespaart hat(te) und kein Twentyniner hat(te), fuhr doch deutliche Minuten hinterher. Und das lag im wenigsten Fall an mangelnder Fitness, Fahrtechnik oder den Outdoorbedingungen.
Es war aber vor allem eines: unbefriedigend.
Doch dann kam auch schon das nächste Kleingeldgespenst um die Ecke: 650B (oder auch 27,5″).
Ein „Gespenst“, das nicht ganz unbekannt ist. Im Gegenteil! Es markiert eingentlich den Ursprung des MTB-Sports.
So waren 27,5″ oder 650B die ersten Felgendurchmesser in den Anfängen des MTB Sports mitte der 1980er Jahre. Man schwenkte dann aber relativ rasch auf 26
Zoll-Felgen um, um auf für diesen Standard passende Ballonreifen zu wechseln, welche schlicht besser geeignet waren den Anforderungen Genüge zu tun.
Schon vor einigen Jahren machten die 27,5″ dann in Fachkreisen wieder die Runde, es wurde getüftelt, geschraubt, getestet. Frei nach „bigger is better“ stiegen viele aber vor allem erst einmal auf Twentyniner um. Vorteile eines Twentyniners? Vor allem der größere Reifenumfang. Viele Pros errangen 2012 und 2013 darauf Erfolge, kaum ein Podium ohne 29″ oder mit 26″. Auch im Breitensport wurde auf das neue Reifenwunder umgeschwenkt, auch wenn die Skepsis natürlich blieb.
Nachdem dieser Markt von Twentyninern nun schon gut gesättigt zu sein scheint, bieten einige Hersteller vermehrt in ihren neuen Flotten auch Bikes mit der „Nischengröße“ 650 B an.

Was ist nun 650B? Welche Vor- und Nachteile bringt diese Reifengröße mit sich? Lohnt es sich für mich umzusatteln oder nur umzurüsten?
Wie man an der Umrechnung auf 27,5″ erkennen kann, handelt es sich um eine Reifenzwischengröße zwischen „Standard“ 26 Zoll und dem Twentyniner, womit also für den „Offroadeinsatz“ insgesamt drei Reifengrößen zur Verfügung stehen.
Punktet ein 26er meist vor allem durch hohe Wendigkeit, kann das Twentyniner vor allem durch Laufruhe und hohe Traktion Boni gut machen. Auch der vermeidliche Gewichtsnachteil bei größeren Laufrädern etc. ist inzwischen nebensächlich; die ersten Bikes kratzen gut an der 10, wenn nicht gar schon an der 9kg-Marke!

(C) Custom Wheel Builds UK

(C) Custom Wheel Builds UK

Mit 650 B oder eben 27,5″ geht nicht nur die Suche nach der „Eierlegendenwollmilichsau“ weiter, sondern auch der Weg „back to the roots„. Versprochen wird sich von der Reifenzwischengröße eine Adaption der positiven Eigenschaften der anderen Reifengrößen: Wendigkeit, Laufruhe, hohe Traktion/ Antriebsstärke. Auch in den Punkten Überrollverhalten und Kurvenverhalten weisst das 27,5“-Modell Vorteile auf.

Beispielhaft für die Hersteller, die dieses Konzept vorantreiben, sei Bergamont nun herausgegriffen. Denn in der neuen 2014er Flotte bieten die Jungs und Mädels aus Hamburg mit den neuen bzw. überarbeiteten Typen Metric und Revox ein Rahmenspektrum an, dass nicht nur komplett auf 650B setzt, sondern auch alle Sparten von Enduro/ Dirt über All-Mountain/ Tour bis hin zu Race/ Racefully abdecken und neben einem E-Bike mit 27,5″ auch eine Ladybikeline anbieten wird. Erste Testberichte (vgl. z.B. Mountainbike 08/2013) lesen sich vielversprechend. Es scheint also viel dran zu sein, wenn eine gesamte neue Jahreslinie auf 650B umgerüstet wird?!

Bevor nun aber die ersten BesitzerInnen mit 26″ in Ohnmacht fallen und das Urlaubsgeld streichen: bitte beruhigt weiteratmen! Denn die gute Nachricht lautet: es gibt Umrüstpotential! Je nach Modell (-alter) ist es nämlich zunächst sicherlich günstiger auf 650B umzurüsten, als sich ein neues Bike oder gar 29er kaufen zu müssen – vor allem, wenn man(n) sich auf seinem 26Zoll wohl fühlt. Auch die, die nicht um jede Sekunde im Rennen kämpfen wollen, sollten nicht gleich in Kaufzwang oder Kaufrausch verfallen. Wir (ambitionierte) SportlerInnen neigen ja gern dazu *zwinker*. Es besteht für so manchen MTB-Rahmen mit 26Zoll-Laufrädern, die über eine Reifenfreiheit für 2,4 Zoll-Reifen verfügen, ggf. die Möglichkeit mit 650B Laufrädern nachzurüsten und auf einen Reifen im Format von max. 2,1-Zoll zu wechseln.
Achtung sei aber bei breiteren/höheren Reifen geboten! Hier kann es zu Kompatibilitätsproblemen wie z. B. Berührungen der Gabelkrone oder am Hinterbau beim Einfedern kommen. In solchen Fällen gibt es Abhilfe in dem der Federweg der Gabel um ca. 10 mm reduziert wird. Bitte aber vor der Umrüstung prüfen, ob das eigene Gabelmodelle diese Möglichkeit bietet! Gleiches gilt bei Fullys und deren Hinterbau. Hier kann ein Dämpfer mit gleichem Einbaumaß aber weniger Hub montiert werden. Dem Tuning steht so gesehen aber nichts im Wege 😉

Ob sich nun ein Neukauf in Form eines 27,5″- oder 29″- Modelle oder nur das Umrüsten auf neue Parts als lohnenswert erweist, welche Hersteller noch auf die „neue“ Reifengröße wechseln werden und auch wie sich die neuen Modelle testen, werden wir euch nach Besuch der Eurobike gern berichten.

Rahmen- und Reifenpocker 2014 – es bleibt also wie immer eines: spannend!

Über den Autor

Raphaela

Erfolgreich als passionierte Sportlerin zu Rad und zu Fuss seit 2008 in Wald, Wiese und Flur unterwegs. Seit 2012 Teil der Test- und Autorencrew, schreibt sie für die Rubriken Literatur & Medien und Fitness & Ernährung.
Für alle Presse- und Medienangelegenheiten bei RuR ist sie eure Marketingfachfrau und Ansprechpartnerin (presse@rund-ums-rad.info).