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Interview mit Thomas Kleinjohann zum Flowtrail Stromberg

Wer kennt sie nicht, die DIMB e.V.
Die Deutsche Initiative Mountainbike e. V. welche bereits seit 1991 besteht und von von Mountainbikerinnen und -bikern, Produzenten von Fahrrädern, Komponentenherstellern und Händlern als gemeinnütziger Verein gegründet wurde.
Mit Stand vom März 2010 zählt die DIMB mehr als 20.000 Mitglieder.

Unsere Autorin Britta hat sich mit dem 1. Vorsitzenden der DIMB, Thomas Kleinjohann, über das neueste Projekt unterhalten.

Der Flowtrail in Stromberg

Der Flowtrail Stromberg wurde am 14.05.2011 eröffnet. Wie ist dieses Projekt entstanden?

In Stromberg kamen viele glückliche Faktoren zusammen. Eine überaus engagierte Initiatorin, eine couragierte Bürgermeisterin Hering und viele Biker, die bereit waren, etwas Außergewöhnliches zu schaffen.

Wie kam es dazu, gerade in Stromberg einen Flowtrail zu bauen?

Neben den bereits erwähnten politischen Rahmenbedingungen haben wir hier das optimale Gelände und die passende Infrastruktur gefunden.
Außerdem liegt Stromberg inmitten eines echten Trailparadieses, das mehrere Tage Bikevergnügen bietet, aber touristisch noch fast unerschlossen ist.

Von wem kam die Idee, der Gedanke dazu?

Die Idee, einen Biketrail in Stromberg anzulegen, hatte Initiatorin Jutta Kleeberg.
Sie war frisch vom Bikepark Whistler Mountain infiziert. Nachdem sie mich angesprochen hatte und mir das Gelände zeigte, wurde mir klar, dass hier was richtig Gutes entstehen kann.

Warum einen Flowtrail? Gab es hierzu einen besonderen Grund?

Die gesamte Topographie passte hervorragend auf das FlowCountryTrail Konzept der IMBA.
Wir mussten es nur noch um ein paar Komponenten erweitern, um auch die Freerider zu „bedienen“ und es vor allem hinsichtlich Naturschutzaspekten auf deutsche Verhältnisse anpassen.
So sollte unser Ziel, nicht nur die potenziellen Bikeparkbesucher, sondern auch die Tourenbiker anzusprechen, erreicht werden.
Und das Konzept ist aufgegangen. Mit so viel Lob aus allen Fraktionen hatten wir nicht gerechnet.

Wer war in die Entscheidung alles eingebunden (Stadtverwaltung, Förster, Vereine, etc)?

Wie bei allen erfolgreichen Legalisierungsprojekten waren alle beteiligt, die es etwas anging.
Stadt, Verbandsgemeinde, Forstamt, Naturschutzbehörde, Wasserschutz und auch die Jägerschaft waren umfassend eingebunden.

Wie lange hat es gedauert, die Idee in die Tat umzusetzen?

Die Planungsphase dauerte von November 2009 bis Juni 2010. Im Juli kam dann die Erlaubnis der Stadt zum Bau.
Und ab da ging dann alles sehr schnell.
Vor allem wenn man berücksichtigt, dass wir 8 km Trail fast ausschließlich von Hand und im Ehrenamt gebaut haben.
Beim Anlegen des Übungsplatzes waren wir dann allerdings auf die tolle Unterstützung der hiesigen Bauunternehmung Gemünden angewiesen, die uns die ganze Befestigung und letztlich auch noch die Beschilderung gesponsert hat.

War es schwierig, die Leute Woche um Woche zu motivieren, an der Strecke zu arbeiten? Es waren ja alles ehrenamtliche Tätigkeiten.

Nein, denn es haben alle darauf gewartet etwas Legales bauen zu dürfen.
Im Schnitt waren immer ca. 30 Leute bei Wind und Wetter, auch im Schnee, an der Strecke.
Wir haben sogar im Februar im Schnee gegrillt 😉

Wer hat dabei die Organisation übernommen, was wann wo zu tun ist?

Der „Kopf“ war ein 6er Team – dieses war fast immer vor Ort.
Hauptsächlich wurde am Wochenende gearbeitet, ca. 4 Wochen vor der offiziellen Eröffnung dann auch unter der Woche.

Wie wurde die Idee an sich von der Stadt aufgenommen?

Nach anfänglicher Skepsis konnten die handelnden Personen schnell davon überzeugt werden, dass hier etwas ganz außergewöhnliches nicht nur für die Biker sondern auch für die Stadt und die gesamte Region entstehen kann.

Laut Nutzungsbestimmungen obliegt die Betreuung der Strecke dem DIMB.
Bedeutet dies, dass die Stadt Stromberg hier außen vor ist?

Die DIMB zeichnet für den einwandfreien Zustand der Streckenelemente verantwortlich und haftet hier, sollte sie einen Fehler machen.
Die Stadt haftet für das „Drumherum“. Z.B. für Totholz, das auf die Strecke fallen könnte. Die DIMB hat die Strecke als Sportstätte zu einem absolut fairen Betrag so über den Landessportbund versichert, dass die Strecke auch außerhalb von festen Trainings von „Jedermann“ genutzt werden kann.
Die Stadt ist ohne Zusatzkosten über den Gemeindeversicherungsverband abgesichert.
Die gesamte Versicherungsabwicklung lief auch überraschend problemlos und mit „humanen“ Auflagen.

In welchen Abständen wird der Flowtrail auf Sicherheit überprüft?

Wir müssten laut Versicherung monatlich überprüfen.
Tatsächlich schauen wir uns die Strecke aber wöchentlich an und haben auf der Homepage eine „Schadensmeldung“ für Besucher eingerichtet, die problemlos festgestellte Schäden melden können.
So haben wir nach einem starken Unwetter sofort eine Mail erhalten, wo die Strecke unterspült wurde. Einen Tag später war der Abschnitt dann schon wieder repariert.
Wichtig ist, dass man hier sorgfältig und zuverlässig arbeitet und die Schadensfälle bzw. die Reparatur genau dokumentiert.

Ist der Flowtrail in Stromberg für jeden zugänglich oder gibt es da Beschränkungen?

Die Strecke ist für jeden Biker geöffnet. Denn sie ist so angelegt, dass wirklich jeder, der ein wenig Bikeerfahrung mitbringt, diese problemlos nutzen kann.
Selbst die Hindernisse auf der blauen und roten Streckenführung sind locker zu überrollen, falls es mit dem Absprung nicht klappt.
Das unterscheidet unser Konzept von den meisten Bikeparkanlagen.
Bei uns kann sich jeder locker herantasten und meist gelingt Neulingen schon bei der 3. Fahrt das Springen über kleine Kicker.
Die einzige Beschränkung auf der Strecke liegt in den Nutzungszeiten, die sich an den Bedürfnissen der Jäger orientieren. Das Prinzip lautet, dass wir eine Stunde vor Dämmerung die Strecke schließen.
Bis auf wenige Einzelfälle halten sich die Biker auch durchweg daran.

Werden in Zukunft auch zusätzlich Fahrtechnik-Kurse angeboten?

Ja, schon bald.
Termine werden unter www.flowtrail-stromberg.de in Kürze veröffentlicht. Anfragen liegen schon einige vor und es kommen täglich neue dazu.
Wir werden außerdem auch geführte Touren für „Singeltrailverliebte“ mit allen „Leckerbissen“ der Region anbieten.

Angeblich soll die Strecke noch um eine Freeride-Strecke erweitert werden. Ist das schon spruchreif und was wird dort gebaut?

Der „No-Jokes-Trail“ wird zur Freeride-Strecke. Die Genehmigung zum Bau liegt uns bereits vor. Im August ist Baubeginn.
Dort gibt es dann auch größere Sprünge. Der Evil-Eye-Trail endet am Schwimmbad Bistro.
Mit Panoramablick Käffchen trinken.

Was muss man alles in die Wege leiten, wenn man bei sich in der Region auch einen Flowtrail bauen will?

Als erstes muss man sich Verbündete suchen, damit der Eigentümer und die Behörden überzeugt werden können.
Dann muss man sich nach einer geeigneten, nicht zu steilen Topographie umsehen.
Und last but not least, muss klar sein, ob die Strecke maschinell erschlossen werden soll oder – wie in Stromberg – durch viel ehrenamtliche Leistung.
Daran schließt sich dann auch die Frage der Finanzierung an.
Denn die maschinelle Erschließung ist zwar nachhaltig belastbarer aber auch deutlich teurer als die ehrenamtliche per Hand.
Wird die „große“ Lösung angestrebt, sollte man sich professionelle Hilfe einkaufen.
Wem die ehrenamtliche Lösung vorschwebt, sollte sich vielleicht vorher bei unserem neuen Legalizer-Kurs fortbilden, um nicht in Planungsfallen zu tappen.

Was ist beim Bau zu Regeln?

Zunächst einmal sind baurechtliche Vorschriften zu beachten und es ist wichtig, dass erfahrene Bauer aus dem Dirt- und Freeride-Bereich dabei sind, damit die Hindernisse auch haltbar und vor allem sicher sind.
Damit der richtige „Flow“ aufkommen kann, muss die Linie auch entsprechend gestaltet werden. Auch dafür müssen erfahrene Leute ins Boot. Sonst wird es ein abgehacktes Rumgezackere ohne Fahrspaß.

Was ist Sachen „Unterhalt“ zu Regeln?

Das ist ein Fehler, der oft gemacht wird: der Unterhalt der bestehenden Strecke wird unterschätzt!
Das kostet Zeit und Geld. Und ist die Strecke nicht in Schuss oder sogar unsicher, gibt es evtl. auch noch Stress mit der Versicherung.
Man sollte mit dem Bau also erst anfangen, wenn auch der Unterhalt sichergestellt ist.
In Stromberg haben wir den Unterhalt durch Werbung auf den sieben Hinweistafeln und auf der sehr gut besuchten Website www.flowtrail-stromberg.de gesichert.

Mit welchem Kostenrahmen muss man bei so einem Projekt rechnen?

Das hängt von der Länge der Strecke ab und davon, was an baulichen Maßnahmen mit welchen Materialien und mit welchen Maschinen vorgenommen wird.
Bei unserer ehrenamtlichen Lösung, bei der einige sehr feuchte Abschnitte trockengelegt und befestigt oder mit Shores umgangen werden mussten, kamen wir auf ca. 1000 Euro pro km Strecke.
Dazu kommen dann noch Kosten für Beschilderung und Hinweistafeln.
Je nach Anzahl und Qualität der Hinweistafeln, und der Anzahl der Streckenschilder (Gefahrenschilder, Schwierigkeitsgrad, Richtungsweiser) kommen auch hier evtl. noch mal einige hundert oder gar tausend Euro zusammen, wenn mehrere Hinweistafeln gestellt werden.

Gibt es in Deutschland noch weitere Flowtrails?

Diddie Schneider hat im Bikepark Geiskopf in Bischofsmais im Oktober 2010 einen 600 Meter langen Flowcountrytrail angelegt, der ähnlich wie unser Flowtrail funktioniert.

Gibt es schon das nächste Flowtrail-Projekt?

Wir beraten derzeit die Tourismusverwaltung Tegernsee, die in enger Zusammenarbeit mit DIMB-Förderer Andi Felsl, dem Inhaber der Firma Bionicon, ebenfalls einen Flowtrail errichten werden. Dieses Projekt unterstützen wir gerne und nach Kräften.
Aber wir haben auch bereits viele andere Interessentenanfragen aus dem In- und Ausland.
Damit die Biker künftig zuverlässige Qualitätsstandards vorfinden, werden wir die Flowtrails ab dem Jahr 2012 auch zertifizieren.
Die Kriterien stehen bereits und werden in Kürze veröffentlicht.

Wird es irgendwo eine Übersicht die bisherigen Flowtrails in Deutschland geben?

Sobald Tegernsee realisiert wurde und sich andere finden, die vergleichbare Trails bauen und zertifizieren lassen, werden wir auf www.dimb.de eine Übersicht mit Karte anbieten.

Das Interview wurde geführt von

Über den Autor

Rund ums Rad | Outdoortest-Team

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