„TORTOUR Gravel Premiere!?
Dabei lesen sich die Etappen wie folgt:
3. Etappe – Travel the Gravel
Uhrzeit: ab 9:30 Uhr
84 km / 900 Hm
Gravel, Gravel, Gravel… Der Rhein, die Töss und die Glatt formten den Kies unter deinen Rädern. Du wirst ihn im wahrsten Sinne des Wortes erfahren. Erlebe diese Flusslandschaften im Winter – mystisch!
Ein Bericht der zum mitleiden einlädt. #TORTOUR #Gravel 2019
Zum Lesen findet ihr einen Rennbericht in 3 Strophen, greift also getrost zu eurer Tasse feinstem Heißgetränk und genießt die folgenden Minuten voller Entspanntheit.
Strophe 1:
Aus der Preview war bereits zu entnehmen, dass wir, die beiden Ritter Arndt und Felix, auch bei der diesjährigen Austragung wieder unsere Rösser besteigen, um die angriffslustige und Schmerzen bereitende Gravel Version der TORTOUR zu bezwingen. Vorab, sie wurde bezwungen, aber die geschaffenen Leiden dieser Leidenschaft waren enorm. Dabei bewährt sich die Namensänderung von ‚Cyclocross‘ auf ‚Gravel‘ bei der Art des Rennens.
Es beginnt alles damit, dass ich mich aus dem entfernten Dresden gen Bodensee aufmache, um mit Arndt gemeinsam tagein, tagaus bis hinter Schaffhausen zu fahren, um dort im kleinen Glattfelden an die Startlinie zu gehen. Der erste Tag beginnt aufgrund einer sehr humanen Startzeit von 16:00 Uhr extremst entspannt. Aufwachen, aufstehen, Frühstück, alles sehr entspannt. Anziehen, Auto packen, losfahren, immer noch super entspannt. Die Autofahrt wird genossen und mit viel Freude und Lachen ist sie zudem kurzweilig. Am Tatort angekommen, geht es schnurstracks zur Anmeldung und nach erhaltenem Startpaket und Kleidung zur Verfügung gestellt vom Riverside Hotel (ein riesiger Dank dafür) sitzen wir auch schon in der Menge der restlichen Starter zum Briefing der kommenden Tage. Eine amüsante Einleitung lässt oberflächlich erblicken, was von heute an erwartet werden kann. Klar, Schnee, laufen, schieben und so. Alle lachen. Noch!
Das „Kennenlernen“ nähert sich dem Ende und wir kleiden uns final an, bevor es an die Startlinie zum Prolog geht. Die große Frage ist aber, was anziehen? Ist es zu warm für lange Klamotten? Kurz-Kurz werfe ich in den Raum, kein Spaß – 12° C und Sonne laden ein, aber im Schatten ist es noch ordentlich frisch. Also Beinlinge und langes Trikot, fertig, Feuer frei.
Der Prolog wird zwar wie in den Vorjahren vom #Riverside Hotel aus gestartet verläuft jedoch mit neuer Strecke über das ansässige Kieswerk in einer großen Runde über den angrenzenden Acker. Nach einer Einfahrrunde stehen alle nochmals an der Linie, wir haben uns bei dieser entspannten Runde nach vorn gefahren, aber reicht die Leistung auch um dort wieder anzukommen? Insgesamt erinnert der Prolog an ein klassisches CX Rennen und macht es damit auch für die Zuschauer interessanter. Die Strecke ist für den Beobachter gut einzusehen, jedoch verwinkelt, kurz und knackig zu fahren. Viele 90° Kurven lassen ständig heftige Antritte und steigende Herzfrequenzen zu. 8 Runden sind mit je 2,5 Kilometer und ca. 30hm zu überwinden. Ich, der bereits nach der 4ten Runde sterbe, kämpfe mit knirschenden Zähnen ums Überleben. Irgendwann im Verlauf, total im Delirium, höre ich die Stimme von Arndt: „noch diese und eine Letzte Runde und es ist geschafft!“ Im Delirium halt. War nämlich nicht so, zusätzlich folgten halt noch 2 weitere Male. Schade. Ich habe sicherlich selten so hart gelitten, wie an diesem Freitag. Nichtsdestotrotz wird gekämpft, der Eisengeschmack im Mund verbreitet sich immer stärker und nach dem Finish herrscht auch Ruhe, denn ich stehe dem Herz-, Kopf- und Magenversagen ganz nah. Ja, war doch geil!]
Refrain: [Mit Hilfe der aufgebauten Waschstation von #Motorex werden die Fahrräder wieder auf fast Glanz gewaschen, poliert und bereits für den kommenden Tag vorbereitet, danach heißt es – auf nach Hause, essen und regenerieren.
Wir kommen am zweiten Tag, zur ersten Etappe früh um 8:45 Uhr nach Glattfelden. Damit sind wir auch die letzten Starter die eintreffen, was aber für uns zu verschmerzen ist, da der Start nicht vor 9:30 Uhr fällt. Standardroutine folgt – Fahrrad aus dem Auto, Taschen auf, Klamotten raus, umziehen, kurz bemerken, dass es doch gar nicht so warm ist, fertig anziehen, Rad begutachten, Reifendruck prüfen, Kette auch, aufsteigen und zur Startlinie.
Strophe 2:
Eines ist vor dem Start schon klar, es geht heute weit nach oben und wer hier aufgepasst hat, weiß noch, dass wir uns in der Schweiz befinden – Mitte Februar. Spoiler, es wird sehr eisig und glatt. Startschuss und losrollen. Knapp 5 km geht es in der Gruppe fast gemütlich über Straßen und Pfade abseits der Außenwelt, bis zum ersten Anstieg des Tages. Dieser führt über knapp 3,5 km auf ein Plateau auf dem wir uns von nun an 16 km immer wieder leicht hoch und runter bewegen. Nach 25 km erreichen wir das Ende der „1. Runde“ – so nennen wir mal die 3 Teile des heutigen Renntages. Freudestrahlend werden wir vom Verpflegungsposten empfangen, Flaschen aufgefüllt, heiße Brühe konsumiert und reichlich #WinForce genascht – ja, das Zeug ist so lecker, dass man es auch gern abends auf der Couch gegen die Schokolade tauschen möchte. Bis zum jetzigen Zeitpunkt war auch noch alles gut. Wir befinden uns in einer kleineren Truppe, versuchen Kraft zu sparen und ökonomisch zu fahren, aber ab hier wird es anders – also zumindest mir wurde ganz anders. Es gilt 3 Berge (!!!) zu bewältigen, maximale Höhe ca. 750 m. Klar, der eingefleischte Radfahrer denkt sich – und?!, ja, schon, aber bereits nach den ersten Aufstiegsmetern hinter der Verpflegung fängt es an interessant zu werden. Schnee. You don’t say! Zu Beginn nur ein wenig, dann immer mehr, dann auf der gesamten Strecke, dann ca. 5 – 10 cm hoch. Bergauf ist es okay, nicht schön, aber machbar. Ich, der dieses Jahr kräftetechnisch arg zu kämpfen hat, kommt hier erstaunlich gut hoch. Meiner Einbildung nach, hilft das ovale Kettenblatt, was ich zuvor noch installiert hatte. Jedoch geht es irgendwann wieder hinunter – Eisflächen, Schneemassen, links fahren, rechts fahren, rutschen und Grip wiedererhalten. So schlittern wir runter, nur nicht zu viel riskieren, auch wenn einige Wenige an uns vorbeischießen, als wäre das Ende nicht weit – Respekt. Das Spiel wiederholt sich mit dem zweiten Berg. Nun sind wir auf der Südsseite angekommen, es geht bergauf, weit hinauf. Wir winden uns die Pfade hoch, kämpfen uns durch Schnee, bis der Schnee gewinnt. Könnt ihr euch noch erinnern: „Klar, Schnee, laufen, schieben und so. Alle lachen. Noch!“ Hier lacht keiner mehr. Wir schnaufen, ab und zu fluchen wir und rollen, wann immer es möglich ist ein wenig voran, bis wir wieder absteigen und weiterschieben. Der Lägern (dieser Bergrücken) nimmt uns Energie, sehr viel Energie. Immer mal wieder wird ein Gel von #WinForce genascht, auch hier nochmals riesigen Dank, ohne dieses Zauberzeugs würden wir hier jährlich eingehen. Und kommen nun doch nach langer Zeit ans Ende, ab hier „nur noch“ runter. Die Verpflegungsstation läutet die 3. Runde ein. 20 Kilometer lang strampeln, Gas geben, anbremsen, reintreten. Arndt legt vor, ich versuche dran zu bleiben. Für eine kurze Zeit machen die Muskeln in den Oberschenkeln komplett dicht, Schmerzen, schreckliche Schmerzen, aber dafür ist halt auch keine Minute mehr, wir müssen voran. Ein Schluck Wasser, ein Gel und weiter. Auf den letzten wenigen Kilometern fahren wir auf ein weiteres zweier Team auf, und bemerken, dass sie auch einen Arndt und einen Felix haben. Ihr Arndt, noch voller Kraft aber ihr Felix bleibt bei der Einfahrt in den letzten Hügel ruckartig mit bösen Krämpfen hängen und kann sich vorerst nicht bewegen (alles ist gut ausgegangen, keine Sorge), das ist jedoch unsere Chance. Ein letzter genialer Trail schlängelt sich oberhalb der Bahnschienen entlang, bevor wir abermals ein Stück hochgeleitet werden, um uns dem Ziel von oben zu nähern. Wir quetschen nochmals aus, was für heute im Tank ist und kommen nach knapp über 4 Stunden im Ziel an. Hartes Brot! Eine faire, aber kräftezehrende Strecke mit vielen schönen Ausblicken.
Refrain: Nun der Schritt des Waschens, regenerieren, aufstehen, frühstücken etc., der sich wiederholt.
Strophe 3:Nach dem Startschuss finden wir uns in Grüppchen aufgeteilt auf dem Weg zur deutschen Grenze. Klingt irgendwie lustig, als es heißt: „Vergesst eure Ausweise nicht, wir fahren heute über die Grenze.“ Schade, jetzt haben wir es endlich in die Schweiz reingeschafft und werden nun doch wieder herauseskortiert. Wir fahren also friedvoll los, sammeln uns aber wieder, um zum offiziellen Start zu läuten – und los. Nach einer schnellen Abfahrt muss erst einmal die steile Treppe von Eglisau überwunden werden, bei der es zu einem großen Stau kommt. Dabei verlieren wir uns aus den Augen. Arndt, der beim Start immer ganz, ganz vorn dabei ist und ich, der sich nicht so richtig traut und dafür viel Kraft investieren muss, um wieder nach vorn zu kommen – lerne ich aber auch nicht mehr. Auf dem Weg nach oben habe ich Zeit mich mit einem der DT- Swiss Fahrer über Laufräder zu unterhalten und erhalte interessante Informationen über das Thema Gravel und Cross Laufradsätze. Nun folgt die eben genannte Jagd. Ich muss aufschließen, Arndt genießt indessen den Windschatten von den Größen, Simon Zahner, Tyler Hamilton, Martin Elmiger, Lukas Winterberg und Timon Rüegg. Not bad!
Nach ca. 18 Kilometern folgt unerwartet die erste Verpflegung, die in der großen Gruppe keiner wahrnimmt. Alle fahren getrieben vom Ziel im Schatten des Anderen und strampeln Meter um Meter am Rhein entlang ab, bis wir bei Kilometer 32 direkt am Rheinfall zum ersten Berg des Tages kommen, denn ab hier ist sich wieder jeder selbst der Nächste. Es geht heute nicht so weit nach oben in die Höhe, wie am Tag zuvor und so bleiben wir zumindest Schneefrei. Ein knapp 20 Kilometer andauerndes Intermezzo, welches einen langen Anstieg mit kurzer Abfahrt, kurzem Gegenanstieg und langer Abfahrt verbindet, bevor wir zum persönlichen Highlight des Tages kommen – dem Trail entlang der Thur. 7 Kilometer feinste flowige Tretttrailpassage mit kleinen Wurzeln, viel Freude und schöner Technik. Vor 2 Jahren lag hier noch Schnee, dieses Jahr ist es nur matschig, aber unglaublich spannend und mit großer Begeisterung zu fahren. Ich stets am Hinterrad von Arndt, denn hier kann man nur wenig falsch machen, einfach der Linie folgen und alles wird gut! Es folgt die Verpflegung, ein schneller flacher Anteil und ein letzter (?) Hügel. Bevor wir wieder in Eglisau enden. Ach ja, da war ja noch was: „Spart euch die Kraft denn zuletzt erwartet euch nochmals ein höllischer Stich“. Er kam, wir sahen, aber siegten, mehr oder minder. Bevor wir an den letzten „Hügel“ des Tages heranfuhren, trafen wir wieder die Jungs vom DT Swiss Factory Team, hier wieder ein Arndt und ein Felix. Zuvor hatten sie uns noch stehen lassen, jetzt aber war ihrem Felix die Kraft ausgegangen und wir konnten einige Meter gut machen, bis wir an Le Stích abstiegen, schoben und uns sagten, hier kann doch keiner hochfahren, dazu braucht man doch eine mega kleine Übersetzung, auf dem Crosser undenk… und schon rollte der Arndt vom DTSFT an uns vorbei, ließ noch einen netten Kommentar ab und fuhr bis nach oben. Dude! Nice! Aber egal, hinten raus k•ckt die Ente und so kamen wir nach einem schnellen Downhill im Ziel vor den Beiden an. Das Sufferfest findet ein Ende. Ich, so überschüttet von Endorphinen, dass ich nicht weiß was ich sage, daraufhin weißt mich Arndt an am besten die Klappe zu halten. Na gut, oder so. Insgesamt eine Strecke, die konditionell leicht, da sie sehr gut rollt und von der Höhenlage her weniger Witterungsanfällig ist, dennoch bezwungen werden muss
Letzte Refrain: Nun der Schritt des Waschens, regenerieren etc., der sich wiederholt, jedoch reisen wir heute wieder nach Hause.
Abspann: Auch in diesem Jahr zeigt die Tortour mithilfe ihrer professionellen und sympathischen Organisation sowie Streckenwahl, dass sie eine vollwertige Ergänzung für Jedermann im Rennkalender ist. Die Verpflegungen sind sehr gut durchdacht und bieten zur Stärkung unterwegs viele Möglichkeiten, was das Überleben absichert. Das Besondere an der Tortour ist und bleibt die familäre Atmosphäre. Es fühlt sich eher an wie eine Klassenfahrt oder eine Ausfahrt mit guten Freunden. Zudem sind die Infrastruktur am Riverside ideal, Duschen, Parkmöglichkeiten, Bike-Wash. Wir sagen, danke TORTOUR für dieses Jahr und freuen uns auf die Zukunft!
Tech Facts:
Wir haben uns im Nachhinein noch einmal die Zeit genommen und unsere Technik ausdiskutiert und sind zu einigen Schlüssen gekommen.
Reifen: Die Reifenwahl ist für den ambitionierten Radfahrer immer eine Frage. Auch wenn die Profis vor uns mit relativ wenig Stollenprofil ins Ziel gefahren sind, empfehlen wir für Samstag einen grobstolligeren Reifen à la X-One Bite. Am Sonntag war die Strecke weniger Off-Road und rollte sehr gut dahin. Für solch eine Etappe reicht ein Reifen mit wenig Profil wie der WTB Riddler, oder der Schwalbe G-One. Insgesamt kann der Reifen gesamt ein wenig breiter sein, zwischen 38 und 40 mm ist optimal. Wenn es breiter wird, erhöht sich wiederum das Gewicht, der Rollwiderstand und das Rad wird träge, was bei Antritten mehr Kraft braucht. Der erhöhte Grip, wird somit als Vorteil abgelöst.
Übersetzung: Eine 1-Fach Übersetzung ist absolut machbar und spart neben Gewicht auch immer die Gedanken, welches Kettenblatt die sinnvollste Wahl ist, wobei die Massen an Schlägen von unten immer ein Risiko für das Abspringen der Kette sind. Hierbei ist ein 40er Kettenblatt mit einer 10 – 42er Kassette sicherlich die attraktivste und sinnvollste Variante. Demgegenüber gestellt ist das Befahren auch mit einer 11 – 36er Kassette möglich (diese Kombination fuhr Arndt), hierbei braucht es jedoch für den ein oder anderen Anstieg wesentlich mehr Kraft im Körper. Ich fuhr mit einem 38er ovalen Blatt und einer 11 – 28er Kassette, musste aber sehr leiden und schaffte nicht alle harten Stiche zu fahren. Letztlich fehlen bei dieser Übersetzung auch die großen Gänge für die schnellen Flachstücke.