Radtipps

Kindersitz oder Fahrradanhänger

Viele Familien stehen oft vor der Frage wie sie ihre Kinder auf oder mit dem Fahrrad transportieren sollen.


Auch wir haben uns diese Frage nicht nur einmal gestellt und waren auf der Suche nach einer akzeptablen Lösung für alle, also nicht nur für die Eltern sondern auch für die Kinder.

Dieser Artikel soll keine Werbung für ein bestimmtes System oder einen bestimmten Hersteller sein, sondern soll lediglich unsere Erfahrung in diesem Bereich widerspiegeln und anderen Ratsuchenden die Entscheidung eventuell etwas erleichtern.

Uns hat diese Frage das erste Mal beschäftigt als unsere Tochter knapp ein Jahre alt war.
Wir haben damals von einem Bekannten einen gebrauchten Römer-Jockey Kindersitz geschenkt bekommen und kamen mit diesem eigentlich auch sehr gut zurecht.

Aber wie es nun mal so ist wenn man Familie hat, kommt man irgendwann auf das Thema welches denn die beste Transportmöglichkeit für Kinder ist.
Folgende Überlegungen sollte man mit einbeziehen, bzw. haben wir mit einbezogen:

  • wo wird gefahren (Stadt oder Land)
  • Bodenbeschaffenheit (Feldwege, Schotter, Straßen, etc.)
  • Fahrzeit bzw. Dauer
  • Will man die Radtour mit einem Picknick o.ä. verbinden
  • Ist man nur ein „Schönwetterfahrer“ oder auch mal bei Regen unterwegs
  • Will man mit dem Fahrrad auch zum Einkaufen fahren
  • Abstellmöglichkeit (Anhänger kann man zwar zusammenklappen brauchen aber dennoch etwas Platz)

Zudem bleibt es oft nicht nur bei einem Kind und auch schon deswegen macht man sich irgendwann erneut Gedanken darüber.

In Bezug auf Fahrradanhänger hatten wir zum damaligen Zeitpunkt noch keine Erfahrung und auch aus dem Bekanntenkreis konnten keine Erfahrungen eingebracht werden.

Wir haben uns dann im Urlaub ganz spontan zum Kauf eines Kinderfahrradanhängers entschieden.
Der Grund war hierfür, dass dieser lediglich ca. 50 € im Baumarkt gekostet hat.
Bevor jetzt und hier Stimmen aufkommen, ob wir eigentlich noch ganz normal sind, so einen Billigschrott zu kaufen, denen sei gesagt, wir würden es sofort wieder machen.
Warum?
Ganz einfach. Wir wussten zum damaligen Zeitpunkt überhaupt noch nicht, ob unsere Tochter überhaupt in dem Anhänger ihren Spaß hat oder nicht.
Und bevor wir jetzt 300 oder 400 € in den Sand setzen, haben wir uns für die Billigalternative entschieden um überhaupt einmal zu sehen wie das Fahren mit einem Anhänger ist und ob unsere Tochter damit ebenfalls zu Recht komm (und auch dieser Anhänger hatte ein TÜV-Siegel).

Der entscheidende Nachteil des Anhängers war, dass unsere Tochter mit einem Jahr noch nicht so gut saß, dass sie sich während der Fahrt gut im Sitz halten konnte. Sie rutsche runter oder zur Seite und hatte dementsprechend nicht lange Spaß an der Fahrt. Unterhaltungen mit Besitzern teurerer Radanhänger zeigte jedoch, dass es nicht an unserem Anhänger lag, sondern bei allen ähnliche Probleme auftraten.

Nachdem unsere Tochter dann aber größer wurde und den Anhänger dann ganz Klasse fand, war klar, dass wir beim Anhänger bleiben.
Meine Frau fand den Kindersitz zwar handlicher, ohne den Anhänger montieren zu müssen schneller und auch kommunikativer. Allerdings ist der Sitz nicht wetterfest und im Laufe der Gewichtszunahme auch immer wackeliger geworden.

Auch wir selber fanden es als sehr angenehm mit dem Anhänger auf Touren zu gehen, da man in diesem auch etwas Gepäck und Proviant für die Fahrt unterbringen konnte.
Nun hatten wir aber im Laufe der Zeit das Problem, dass unsere Tochter zu Groß wurde für den Anhänger. Sie stieß mit dem Helm immer oben am Verdeck an und setzte sich daher schräg in den Anhänger.
Somit waren wir also wieder vor der Entscheidung Kindersitz oder Anhänger, da ja der Kindersitz wesentlich günstiger ist als ein guter Anhänger.

Wir hatten zwar immer noch den Römer-Jockey Kindersitz, da dieser aber in die Jahre gekommen war und Kunststoff sich nun mal mit UV-Strahlen nicht so sehr verträgt, war also die Alternative einen neuen Kindersitz zu kaufen.
Ich muss aber zugeben, dass mir die Möglichkeit einen Kindersitz am Sattelrohr festzumachen mit einer Zuladung von max. 22 kg doch nicht ganz stabil erschien.
Klar haben sich die Ingeneure bei der Herstellung was gedacht, aber wenn man mal bei der Fahrt sieht wie der Sitz sich dennoch bewegt, dann ist das schon eine Schaukelei da hinten.

Merkwürdigerweise waren auch die Aussagen in Bezug auf die Montage sehr unterschiedlich.
Während uns im Baby-Fachgeschäft gesagt wurde, dass der Kindersitz zwingend einen Gepäckträger zur Montage benötigte, gab man uns im Fahrradfachgeschäft die Auskunft, dass dies Quatsch sei.
Der Sitz könne problemlos auch ohne Gepäckträger montiert werden.

Die Fa. Römer-Britax selber gibt bei der Montage folgendes an:

Ausgelegt ist der Sitz bis zu einem Gewicht des Kindes von 22 kg, also eigentlich eine Menge Spielraum.

Nun standen wir also da und wägten die Vor- und Nachteile beider Varianten ab.

Wir haben uns dann im Internet auf diversen Verbraucherseiten schlau gemacht und konnten unter anderem bei Stiftung Warentest in der Ausgabe 04/2003 einen Test von insgesamt 16 Fahrrad-Kindersitzen finden.
Test Ausgabe 04/2003

Ein neuerer, aktuellerer Test ist in der Ausgabe 04/2007 zu finden. Hier wurden erneut 15 Fahrrad-Kindersitze getestet. In diesem Test sind lediglich 2 Sitze mit dem Urteil „Gut“ bewertet worden.
Da der Test noch relativ neu ist, sind die Ergebnisse derzeit nur gegen Bezahlung zu erhalten.
Test Ausgabe 04/2007

In der Ausgabe 05/2003 wurden zudem noch elf Fahrradanhänger getestet, was letztendlich einen guten Vergleich zwischen Fahrrad-Kindersitzen und Fahrradanhänger für Kinder möglich machte.
Test Ausgabe 05/2003

Interessant ist hier auch der Vergleich vom ADAC in welchem ein Kindersitz mit einem Anhänger bezüglich der Vor- und Nachteile verglichen wird.
ADAC Vergleich Kindersitz mit Fahrradanhänger

Ebenfalls vom ADAC getestet (wenn auch schon im Jahr 2005) eine Reihe von Kinderfahrradanhängern
ADAC Test Kinderfahrradanhänger

Nachdem wir nun viel im Internet nachgelesen haben, waren wir leider auch nicht viel weiter, da sich die Vor- und Nachteile beider Systeme im Prinzip die Waage halten.
Lediglich der Preis könnte noch ausschlaggebend sein.

Wir stellten dann für uns zunächst die Vor- und Nachteile fest und haben diese dann miteinander verglichen.

Kindersitz

Vorteile:

  • Kind sitz direkt hinter dem Fahrer auf gleicher Höhe
  • Unterhaltung mit dem Kind ist einfacher
  • Kann aufgrund eines Stecksystems an mehreren Fahrrädern verwendet werden (Montageteil am Fahrrad muss mehrmals gekauft werden)
  • kein Montieren vor der Fahrt nötig
  • das Gewicht (der Kindersitz wiegt weniger als der Anhänger)
  • Kind sieht nur seitlich die Landschaft da direkt hinter dem Fahrer
  • Stabilitätsproblem wenn sich das Kind mit ca. 15 kg (max-Gewicht 22 kg des Sitzes) auf die eine oder andere Seite wirft
  • Witterungsverhältnissen voll ausgesetzt
  • es kann kaum Gepäck mitgenommen werden

Nachteile:

  • Kind sieht nur seitlich die Landschaft da direkt hinter dem Fahrer
  • Stabilitätsproblem wenn sich das Kind mit ca. 15 kg (max-Gewicht 22 kg des Sitzes) auf die eine oder andere Seite wirft
  • Witterungsverhältnissen voll ausgesetzt
  • es kann kaum Gepäck mitgenommen werden


Kinderanhänger:

Vorteile:

  • viel Platz auch für 2 Kinder
  • kleiner „Kofferraum“ für Rucksack oder Taschen vorhanden
  • Regenverdeck
  • hat etwas mehr Bewegungsfreiheit als im Kindersitz
  • im Innenraum kann Spielzeug, Getränk oder Essen verstaut werden, an welches die Kinder bei der Fahrt gelangen können
  • Anhänger kann an mehrere Fahrrädern verwendet werden (man muss nur Kupplung dazu kaufen)

Nachteile:

  • Hoher Anschaffungspreis
  • Kinder sitzen auf Höhe des Auspuffes von Autos was im Stadtverkehr nicht so gut ist
  • Unterhaltung mit dem Kind ist schwieriger
  • Nimmt mehr Platz weg (Abstellmöglichkeit)
  • Mehr Gewicht zu ziehen und dadurch auch mehr Gewicht zum Abbremsen
  • Montage vor jeder Fahrt (Anhängen)

Wie man sieht ist die Entscheidung dadurch auch nicht viel leichter gefallen.
Aber wie es im Leben nun mal so oft ist, hat uns auch hier der Zufall geholfen.

Ein bekannter Fahrradhändler in unserer Nähe, hatte bei unserem nächsten Besuch einen gebrauchten Kinderanhänger von MONZ, Modell Blue Bird Vario, als Kommission im Verkauf.

Tja, bei den Vorbesitzern war es so, dass das Kind an dem Anhänger keinen Gefallen gefunden hatte. Und hier zeigte sich es dann doch als positive Erfahrung, dass wir zunächst den Billiganhänger zum Testen gekauft haben.

Wir haben den Anhänger dann komplett mit Dual-Set (drittes Rad, Bremsen und Schiebebügel zum Umbau als Jogger) für 170,00 € erstanden.
Der Preis war für uns ok, da auch der Kindersitz im Preissegment zwischen 120 bis 140 € lag.

Von nun an hatte unsere Tochter viel mehr Kopffreiheit und auch mehr Platz. Die Verarbeitung des Anhängers war logischerweise besser als beim Baumarkt-Anhänger.
Was sich auch als Vorteil herausstellte war, dass die Rückenlehne (wenn auch nicht viel und mit Werkzeug) verstellbar ist.
Insgesamt macht der Anhänger einen sehr stabilen und soliden Eindruck.

Unsere Tochter genoss es zunächst noch mit dem größeren Platzangebot unterwegs zu sein.
Zumindest solange bis ihr kleiner Bruder im WEBER-Babyschale (WEBER-Products ) mit dazugekommen ist.
Auch hier muss man sagen, dass trotz der Babyschale noch genügend Platz für unsere Tochter ist. Klar war es alleine bequemer, aber zumindest ist sie jetzt nicht mehr alleine dahinten was ab und an auch Vorteile hat.
Die Befestigung der Babyschale war zunächst noch ein Problem, da dies mittels der vorhandenen Gurte nicht ging.
Aber mit ein wenig Bastelarbeit war das auch schnell erledigt.

Im Prinzip haben wir nichts anderes gemacht als einen Spanngurt rechts und links am Rahmen verschraubt. Mit dem Spanngurt wird nun die Babyschale festgezurrt und hält auch sehr gut.

Und die beiden haben da hinten drin einen Heidenspaß. Da wird Händchen gehalten und gesungen und auch geschlafen.

In Bezug auf die Kupplung gibt es die Möglichkeit die mitgelieferte Standardkupplung gegen eine Weber-Kupplung zu tauschen.
Wir sind aber bei der Standardkupplung geblieben welche für die Rahmendreieck-Montage ideal für alle Fahrräder ist.
Der Vorteil an der Standardkupplung ist, dass man diese von Fahrrad zu Fahrrad ohne Probleme wechseln kann und somit keine zweite Kupplung benötigt wird.

Die Joggervariante lohnt sich sicher nur, wenn man wirklich weiß, dass man regelmäßig läuft und es auch schon vorher tat. Denn der Jogger hat selber ja ein Eigengewicht, dann ein oder zwei Kinder reingepackt, das ist schon einiges an Kilos. Die Bremse ist dann zwar Gold wert, aber bergauf bremst es einen regelrecht aus. Dennoch eine tolle Möglichkeit flexibel laufen gehen zu können und ein super Training noch dazu. Eine Bekannte hat auch einen Radanhänger mit Joggerset eines Markenherstellers. Dort ist das Problem, dass der Anhänger aus Platzgründen im Keller stand und auseinander gebaut werden musste, um ihn ins Freie zu bekommen und zurück. Der Jogger wurde dementsprechend selten genutzt. Bei uns steht der Jogger griffbereit in der Garage und die Radanhängerdeichsel liegt daneben, so dass es jederzeit los gehen kann.

Und hier noch die technischen Daten für den Blue Bird Vario

Über den Autor

Lefdi

Hobbybiker und derzeit unterwegs mit einem All-Mountain "No Pogo 3" von Centurion.
Gerne auch mal zu Fuß in den Bergen unterwegs um die Natur zu genießen. PayPal-Kaffeespende an den Autor

9 Comments

  • Hallo! Vielen Dank! Endlich habe ich mal was konstruktives dazu gefunden, wie die Weberschale im Blue Bird hält! Ich geh jetzt mal in den Baumarkt 😉 Haben Sie die Schale am Fussende auch irgendwie verschnallt?Ich kann es leider auf den Bildern schlecht erkennen. Laut Hersteller soll man da eine Öse in den Boden des Anhängers verschrauben…

    Viele Grüße, Anne T.

    • Hallo Anne.
      Wir hatten am Fußende keine Befestigung würde sich aber sicherlich anbieten.
      Man darf halt bei solchen „Eigenkonstruktionen“ nie vergessen, dass es vom Hersteller keine Gewährleistung oder Haftung gibt.

  • Hallihallo! Ach, was bin ich froh, dass ich ENDLICH mal eine Anleitung fürs Befestigen der Schale im Blue bird gefunden habe!!! Ich verzweifle hier seit Wochen und kein Fahrradhändler konnte oder wollte uns bislang helfen:-(
    Eine kurze Frage hierzu : Wurden bei Ihrer Lösung ein oder zwei Spanngurte verwendet? Und was haben Sie im Fußraum untergelegt (das rosafarbene quasi)? Jetzt sind es doch zwei Fragen geworden, ich würde mich über eine Antwort wahnsinnig freuen!
    Liebe Grüße, Ina

    • Hallo Ina,
      ich habe damals nur einen Spanngurt verwendet.
      Die rosa Klötze sind aus einem Yoga-Set welches es vor Jahren mal bei Tchibo gab.
      Im Grunde kannst du aber auch z.B. ein altes, großes Handtuch nehmen und zusammenrollen. Es kommt lediglich auf die richtige Höhe an.

      Grüße

  • Hi Lefdi, dein Beitrag ist zwar schon ein wenig älter, aber das Thema dafür ist für uns mehr als aktuell. Wir haben uns jetzt dafür entscheiden, uns einen Kindersitz von Maxi Cosi http://www.kinder-autositze.com/maxi-cosi/ zu besorgen. Hat leider den Grund, dass meine Frau morgens die Kinder zu unterschiedlichen Orten (Krippe und Kindergarten) fahren muss. Die Autofahrt beträgt ca. 45 Minuten. Mehr als ein Auto besitzen wir auch nicht. Da ich morgens mit dem Fahrrad zur Arbeit fahre, bringt meine Frau die Kinder weg. In unserem Caport steht aber dennoch ein Croozer Kid for 2 :). Wenn das Wetter und die Zeit es zulässt, sind wir auch gerne bereit, mit dem Fahrradanhänger zu fahren.

    PS: Sehr großes Kino dieser Blog. Macht weiter so.

Hinterlasse einen Kommentar